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Markt und „Purpose“
Der Hinweis darauf, etwas Gutes oder Sinnstiftendes tun zu wollen, hat seit einiger Zeit Hochkonjunktur. So häufen sich Berichte darüber, dass – insbesondere jüngere – Arbeitnehmer nicht einfach nur arbeiten und Geld verdienen wollen, sondern auch etwas Sinnvolles in ihrer Arbeit sehen möchten. Neudeutsch spricht man von Purpose oder von der Purpose Economy.
Mindestens unterschwellig impliziert die Betonung des Purpose, dass die bisherigen Arbeitnehmer-Generationen den Sinn ihrer Arbeit nicht hinterfragt haben und/oder dass die marktorientierte Arbeit keinen gesellschaftlichen Sinn erfüllt. Letzteres wäre natürlich eine glatte Fehleinschätzung, denn eine Marktwirtschaft sorgt ja ausdrücklich dafür, dass Güter und Dienstleistungen produziert werden, die gesellschaftlich nachgefragt werden und somit eindeutig einen Sinn haben. Nutzlose Güter und Dienstleistungen werden sich am Markt langfristig nicht durchsetzen können. Man könnte also sagen, dass der Purpose der Marktwirtschaft darin besteht, durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage die Wünsche der Menschen bestmöglich zu erfüllen. Man verdient Geld, indem man für andere Nützliches anbietet.
Möglicherweise soll der Begriff Purpose auch zum Ausdruck bringen, dass man über den direkt sichtbaren Wert der eigenen Arbeit noch eine weiterführende Wirkung für sich oder andere erzielen möchte. Dabei geraten die gesellschaftlichen Folgen der Arbeit in den Fokus (Stakeholder- statt Shareholder-Orientierung). Ob das aber wirklich so neu ist, wie es Vertreter der Purpose Economy suggerieren, sei dahingestellt. Denn auch frühere Generationen haben schon über den Tellerrand geschaut und auf gewinnbringende Geschäftsmöglichkeiten verzichtet, wenn sie den eigenen Wert- und Moralvorstellungen widersprochen haben oder Dritte zu Schaden gekommen wären.